Samstag, 13. September 2014
Der rotzfreche Brötchen-Dieb im gutbürgerlichen Mietshaus
Kürzlich bin ich mit der S-Bahn ins schöne Karlshorst gefahren, einem Stadtteil im Osten Berlins, um dort etwas abzuholen... Ich kam dabei in der Marksburgstraße 36 vorbei, an einer kleinen, aber feinen Steinofenbäckerei namens Vos...

Eigentlich wollte ich nur ganz kurz pausieren, aß dann aber ein süßes Teilchen auf dem Hinweg und eine leckere Bockwurst mit Senf auf dem Rückweg, um danach noch ein weiteres dieser süßen Teilchen zu essen. Alles war unglaublich lecker! Und die Verkäuferin war echt dufte!

Ich war so verblüfft von der offensichtlich hohen Qualität dieser handgemachten Backware und dabei gleichzeitig so glücklich, dass ich es kaum fassen konnte, wie gut dieser kleine Bäcker war - und darüberhinaus war er verhältnismäßig so günstig, dass ich spontan eine Preiserhöhung vorschlug... Mir war augenblicklich bewusst, dass ich eine Perle, eine kleine Oase, also definitiv etwas Wunderbares gefunden hatte, was - ebenso definitiv - viel mehr Aufmerksamkeit verdient...

Da ich in keinem sozialen Netzwerk zu finden bin, um etwas zu "teilen" (zu "posten", zu "twittern" oder ähnliches kommunikatives weiterzuverbreiten), habe ich 5 Tüten mit jeweils 2 Zwiebelschustern gekauft. Zwiebelschuster sind Schusterjungen mit Röstzwiebeln und daher prima geeignet für eine deftige Brötchen-Mahlzeit - gern mit Schmalz, guter Hausmannswurst oder Hackepeter nebst sauren Gurken...

Ich hatte bei diesem Kauf sponan an meine 3 direkten Hausnachbarn sowie an die Lampenverkäuferin am anderen Hauseck und mich selbst gedacht, und wollte jedem der 4 Erstgenannten eine kulinarische Freude bereiten, in dem ich ein lecker duftendes Mitbringsel aus dem schönen Ost-Berlin an ihre Türklinke hängen wollte...

Gesagt - getan! Die Lampenfrau konnte sofort nachvollziehen, warum ich ihr die duftenden Brötchen mitgebracht hatte und freute sich schon auf ihr kommendes Abendbrot. Meinen 3 Nachbarn hing ich jeweils eine Tüte mit 2 Zwiebelschustern an die Tür und tat sogar einen kleinen handschriftlichen Gruß mit hinein...

Nicht, dass ich jetzt auf ein riesiges Feedback oder ein überschwängliches Dankeschön gewartet hatte - aber es kam auch nach mehreren Tagen gar keine Reaktion von keinem der 3 Nachbarn. Dies verwunderte mich dann doch, und beim nächsten Smalltalk im Hausflur fragte ich völlig beiläufig, wie denn die Brötchen geschmeckt hätten? "Welche Brötchen???", erhielt ich jedes Mal als Antwort, und nach der dritten Reaktion dieser Art wurde mir leider schmerzlich klar, dass mein nachbarschaftliches "Teilen" nicht geklappt hat - oder besser zu Deutsch: jemand hat von ALLEN 3 Türen die Brötchen geklaut!!!

Unglaublich! Das gibt es doch gar nicht! Das kann jetzt nicht sein! Das kann doch wirklich nicht wahr sein! Nö!!! Nicht doch... In einem - ich sage mal - verschlafenen, gutbürgerlichen Mietshaus, in dem das Kurz-Vor-die-Tür-stellen eines Müllbeutels schon wochenlangen Gesprächsstoff bietet - werden Brötchen gestohlen!!! Und zwar von der Türklinke der Wohnungstüren dreier Wohnungen in einer der höheren Etagen...

Wie dreist ist das denn??? Machen die Menschen denn jetzt vor gar nichts mehr halt? Kann man seinen Nachbarn nicht mal mehr eine Freude machen? Ist der Respekt vor fremdem Eigentum in unserer Gesellschaft jetzt völlig verloren gegangen? Hätte denn nicht auch eine Tüte mit 2 Brötchen als Diebesgut gereicht? Ich war so platt und so vor den Kopf geschlagen, dass ich dachte, im falschen Film zu sein. Auch meine verdutzten Nachbarn kamen aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus...

Und das ist die Welt, in der ich lebe? Erklär`sie mir bitte - ich find`sie nämlich blöd!