Sonntag, 29. März 2015
Die Frau mit der überbreiten Hüfte an der kaiserlichen Packstation
In einem normalen Supermarkt, der hier ganz gewiss nicht weiter namentlich erwähnt wird, habe ich mir kürzlich an der Kasse neues Telefonguthaben für meine ausländische Prepaidkarte gekauft. Jemand mir sehr am Herzen liegendes weilt für einige Zeit im nichteuropäischen Ausland, und da es nicht an Kommunikation mangeln sollte, habe ich mir eben so ein Vorher-Bezahl-Sprachdings besorgt. Man bekommt einen lustigen Bon ausgedruckt, der nochmehr lustige - teils überflüssige - Daten enthält und lädt sein Guthaben entsprechend seines Telefonanbieters wieder auf.

Der für mich immense Vorteil an einer Prepaidkarte ist der, dass die Telefongesellschaft eben nicht die ganzen Daten braucht, die man bzw. frau sonst so angeben muss. Als mich bei einem Vertragsabschluss anderer Art der Sachbearbeiter zu Informationen befragte, die laut meinem gesunden Menschenverstand inhaltlich nix zur Sache tun, fühlte ich mich genötigt, ihn zu fragen, ob er auch noch meine Körbchengröße, meinen Menstruationskalender und die Handelsmarke meiner Slipeinlagen bräuchte - dann wäre ich nämlich komplett gläsern für ihn? Zu beschriebenem Vertrag ist es dann logischerweise nie gekommen - meine Körbchengröße behalte ich ja selbstverständlich für mich! Ob Johann Philipp Reis nebst den anderen Erfindern des Fernsprechapparates sich das Ganze mal mit so viel Drumgewese gedacht haben, möchte ich arg bezweifeln...

Um jedenfalls das dennoch notwendige Drumgewese völlig ordnungsgemäß hinzubekommen, bin ich nach dem Bon-Kauf kurz an der Packstation stehen geblieben, um sicher zu gehen, dass meine Guthabenaufladung auch klappt. Erstens traue ich einem Papierbon nicht und zweitens wollte ich nicht schon zwei Straßen vom Markt entfernt sein, wenn ich vielleicht feststelle, dass etwas schief gelaufen ist mit meinem Telefongeld. Nach mir war eine kurze Schlange anderer Kunden. Das Abkassieren lief ganz normal weiter. Das darauf folgende Einpacken auch. Also allet schick!

Aber nicht ganz! Eine Frau, die mich schon mehrfach wortlos von der Seite musterte, schien sich innerlich einen Text zu überlegen, um mich und mein Dasein kommentieren zu müssen. Nachdem sie ihre drei Habseligkeiten in einem Stoffbeutel verstaut hatte und bereits im Gehen begriffen war, hat sie dann doch endlich allen Mut zusammengefasst und folgendes zum Besten gegeben: "Aber blöd rumstehen muss man hier auch nicht. Das stört doch!" Innnerlich dachte ich: "Und für diese qualitativ hochwertige Wortsammlung haste jetzt so lange gebraucht, Mädel?" Nach außen reagierte ich aber völlig anders: "Sie wollen mir nicht wirklich erzählen, dass Ihr Hüftumfang größer als 1 Meter ist und Sie hier nicht vorbeikommen?" Vor allen Dingen war die Tottertante ja schon längst an mir vorbeigezogen... Und das Wichtigste dabei war, dass der (Frei)Raum, um den es ging, mit Sicherheit 1,10 Meter betrug - es passten also garantiert drei holder Dämlichkeiten in diesen hinein, gemessen an deutscher Durchschnittsfrau mit deutscher durchschnittlicher Körbchengröße natürlich...

Die Kassiererin staunte Bauklötzer, die nächste Kundin grinste. "Lassen Sie bitte Ihre schlechte Laune nicht an mir aus - sondern am Besten an dem, von dem Sie sie haben!", legte ich nochmal nach und schaute der blöden Bemerkung genau in die Augen. "Ich bin gar nicht schlecht gelaunt!", meinte darauf die Stoffbeutelfrau und nestelte hektisch an demselben herum. "Soll das etwa gute Laune sein, was Sie hier verbreiten?" Mittlerweile grinsten alle weiblichen Anwesenden - Kundinnen und Kassiererinnen...

"Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag, meine Teuerste!", trällerte ich überschwänglich und machte eine Armbewegung, die die Meckerzicke in Richtung Marktausgang dirigierte... Man man man... Meine Ansichten zu schlechter Laune möchte ich hier nicht nochmal wiederholen! Aber das Gedenken an meinen obercoolen Großvater, der mir den Zusammenhang von schlechter Laune und schlechtem Sex erklärt hat schon! Gott habe ihn selig! Bester Oppa aller Zeiten! Ich hatte seine Worte schon in einem anderen Text verewigt, wie Sie sicher wiederfinden werden...

Mein Guthaben war gebucht und auch ich verließ den kleinen, ach so engen Markt mit einem umso mehr breiten innerlichen Grinsen auf meiner Seele. "SchatzMausi - wenn Du wüsstest... Aber vielen Dank für den Stoff, aus dem die Geschichten für meinen Blog sind!" Wäre ja tragisch, wenn mir die Ideen ausgehen würden! Aber da es so oft beim Aufeinanderstoßen von Menschen hier in der Hauptstadt ordentlich menschelt, wird es mir an Worten nie fehlen - keine Angst!

Was aber genau hat die Frau dazu bewegt, mich unbedingt antexten zu müssen? Hatte die Situation etwa mit der unterbewerteten Stutenbissigkeit bei Frauen zu tun? Wollte Sie mich dafür verantwortlich machen, dass ihre Hüfte jetzt breiter ist als meine? Liegt das nicht vielleicht doch an den üppigen Einkäufen, die sie macht? Wie kommt die Frau überhaupt auf die Idee, dass sie den Raum an der Kasse in einem Supermarkt hier in Berlin für sich allein beanspruchen kann? Hat sie beim Leben in der Großstadt etwa erwartet, dass alle beiseite springen, wenn die Gnädigste erscheint? Sollten sich die Designer für Supermarktkassen jetzt doch mit den Körperproportionen von Menschen bei ihrer Planung befassen? Und überhaupt - müssen die Menschen immer so aggressiv sein bei ihrer Nahrungsbeschaffung?

Und das ist dann auch noch die Welt, in der ich lebe! Erklär` sie mir bitte - ich find` sie nämlich blöd!

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