Donnerstag, 11. August 2016
Der karierte Schnösel mit der gepunkteten Fliege und seine billig aufgetakelte Kundin vom Arbeitsamt
Kennen Sie das auch? Wenn Ihnen so ein Mensch begegnet, der so dermaßen unverschämt arrogant ist, dass demjenigen eigentlich nur noch ein heftiger Arschtritt oder eine Ohrfeige hilft?? So ein Armleuchter, dem man schlagartig die schwarze Beulenpest an den Hals wünscht und einen ausgewachsenen Tripper in den Schritt?? Dem man alle Schwiegermonster der Welt zugleich gönnen würde und den man so tief ins Klo tauchen würde, dass er nie wieder auftaucht?? Haben Sie ihn vor Augen?? In seiner ganzen widrigen Abscheuligkeit?? Prima! Denn genau von so einem ausgemachten Charmebolzen handelt diese kleine Anekdote - auf geht`s!

Um eine Handlung dimensionsartig richtig einzuordnen, braucht es immer Ort und Zeit des Geschehens - so befinden wir uns ganz entspannt an einen Heizkörper gelehnt im Servicebereich einer Bank im hiesigen deutschen Berlin des 21. Jahrhunderts und warten gedankenverloren und geduldig darauf, dass einer der beiden Serviceterminals frei wird. In diesem Vorraum des Finanzinstitutes befindet sich auch noch mehr elektrotechnisches Spielzeug - als da wären Kontoauszugsdrucker, Geldautomaten und Briefmarkenausspucker sowie ein lustiger Apparat, in den man einfach mal sein geschlachtetes Sparschwein kippen kann und der einem das Münzenzählen abnimmt! Ist das nicht eine tolle Zeit, in der wir leben? Unfassbar - oder?

Als ich also in kurzer situativer Ermangelung eines männlichen Homo Saphiens wartend mit dem Heizkörper kuschle, betritt ein Pärchen die Szene und verausgabt sich lauthals gackernd am Geldautomaten. So weit so gut - solln se alle machen - stimmt`s? Warum man aber soviel Aufhebens wegen der dann sportlichen Summe von 20 Euro macht, entzieht sich dann doch meiner Kenntnis der Dynamik menschlicher Paarbeziehungen...

Was diese beide Turteltäubchen allerdings völlig vereint, ist ihr schlechter modischer Geschmack. Erst dachte ich, sie seien unterwegs zu einem überkandideltem Theaterbesuch, dann tippte ich, sie seien selbst einer rotzbilligen Dreigroschenoper (heutiger Terminus: Low-Budget-Produktion) entsprungen und dann konnte ich aber schnellstens erkennen, dass die Zwei einfach nur geschmacklose Aufschneider sind...

Woran man das sieht? Nun ja. Hierzu muss man sich dann doch ein wenig in Mode, Stilfragen und Kulturepochen auskennen und diese Frau-Mann-Kombination mit all seinen Sinnen abscannen und katalogisieren. Aber wo fange ich da bloß an? Hm... Am Besten bei ihm! Der Schnösel trug am helllichten Tag um die Mittagszeit eine gepunktete Fliege um den Hals, dazu ein senkrecht gestreiftes Hemd (ohne Unterhemd - ein Mann von Welt macht solchen Fehler nicht!), über dem Hemd trug er kackbraune Hosenträger, die seine faltige karierte Stoffhose ordentlich in seine Arschritze hineinklemmte, seine Füße steckten samt ausgeleierten Sportsocken in einem Paar noch mehr ausgeleierter Schuhe. Ein Frisur war das nicht, was er auf dem Kopf trug; und sein Körpergeruch war billig-fuselig, als hätte er mehrere Duftwässerchen wahllos über seinen paraolympischen Körper verteilt... Joah... So ein Mitmensch stand also ungefähr 2 Meter von mir entfernt.

Sein weibliches Pendant ist mir einer ausführlichen Schilderung nicht wert. Soviel sei aber gesagt - sie trug ein billiges Einmal-Outfit, dessen Höhepunkt der Klebstoff war, der über den hellbraunen Plastiksohlen ihrer blauen Kunststoffpumps herausquillte.

Jetzt, da einer der beiden Serviceterminals frei wurde, ging ich, die ich schon länger darauf gewartet hatte, zu diesem hin, und begann mit meinen Erledigungen - als das aufgetakelte Weibchen diesen Spruch machte: "Wo kommt die denn her? Tzz... Kunden schickt das Arbeitsamt..." Ich drehe mich kurz um, mustere sie mit einem abwertenden Blick und schmunzle die andere Frau an, die am zweiten Terminal stand und kurz ihre Augenbrauen hochzog. "Kann ja wohl nicht wahr sein...", echauffierte sich das Billigpüppchen weiter, ihr Fliegenschnösel pflichtete ihr untertänigst bei.

"Falls Sie es noch nicht gemerkt haben - Sie leben nicht allein auf dieser Welt! Willkommen in Berlin!", trällerte ich ironisch, während ich dem Touchscreen verklickerte, was er zu tun hat. "Kann ja wohl nicht wahr sein!", plusterte sich der Arschritzengockel ebenfalls auf. "Doch, doch! Ist absolute Realität! Und gängiges Gesetz: wer zuerst kommt, mahlt zuerst! Gilt auch in einer Bank!", verarschte ich die beiden Dummschwätzer. "Wollen Sie mich etwa anmachen?", trotzte das kleine Brülläffchen jetzt. "Nee, nee! Auf solche Geschmacklosigkeiten stehe ich nicht.", entgegnete ich immer noch ziemlich gelassen. Streifenhemdchen musste aber einen auf männlichen Superheld machen und explodierte fast: "Wollen Sie mir etwa drohen?" Oh nee...

"Jetz bleiben Se ma jeschmeidig, ok!", äußerte ich ziemlich gelangweilt und zog meine Plastikkarte aus dem Automaten. "Man soll den Menschen ihre Verhaltensweisen spiegeln, heißt es immer, aber so einen Riesenspiegel wie Sie offensichtlich brauchen habe ich jetzt gerade nicht in meiner Handtasche!", damit verwies ich den Möchtegernmacho hoffentlich auf seinen Platz. Aber das 2. Terminal wurde frei, das Paar ging hin und totterte zusammen weiter auf die Szene ein... Bla bla bla...

Ich steckte immer noch ziemlich geerdet und unbeeindruckt meinen Kontoauszug ein und meinte zum Abschied: "Ich glaube an die höhere Gerechtigkeit! Und wenn Ihnen in nächster Zeit etwas Schlechtes passiert, dann verschwenden Sie doch kurz einen Gedanken an mich! Ich habe es Ihnen gesagt!". Stammel stammel, totter totter, Mutti rang nach Atem, Vati kämpfte mit seiner Gesichtsröte usw... Die Szene war zum Piepen! Die Wartenden hinter uns hatten mittlerweile auch erkannt, welch durchgeknallte Typen der Modegockel und das Billigarbeitsamtmäuschen waren... Wahrscheinlich gehörte das versuchte Blödkommen zu Mitmenschen zu dem Vorspiel der beiden Dussel - anders kann man sich dieses animalische Aufplustern echt nicht erklären...

Man muss sich mal vorstellen, welchen Aufwand die betreiben! Anstatt einfach nach der Klärung der "Gehen-wir-zu-mir-oder-zu-Dir-Frage" die Tür zu schließen und sich die Klamotten vom Leib zu reißen, machen die beiden erst einmal alle Türen auf, stolzieren durch die Öffentlichkeit und ziehen sich dabei geschmacklose Kleidung an! Was genau haben die beiden eigentlich nicht verstanden??? Na, da brat Dir doch einen Storch! Oder??

Nix gegen die bezaubernden Liebespärchen im Alltag, die alles um sich herum vergessen! Bei denen Raum und Zeit keine Rolle spielt und das einzige modische Accessoire ihre rosarote Brille ist! Solch ein Turteltäubchenpaar muss sich aber nicht zwangsweise erhöhen, indem es versucht, andere zu erniedrigen! Im Gegenteil! Beim Knutschen am Kühlregal oder an der Supermarktkasse oder sonstwo versprüht diese Art verliebter Mitmenschen sogar noch eine Menge Glück und Harmonie an seine Umgebung - also auf keinen Fall vergleichbar mit "Fliegengockel & Arbeitsamtkundin"...

Aber man fragt sich doch trotzdem, was eigentlich in den Köpfen von solchen Kackbratzen vorgeht - oder? Ach, Sie meinen, das wäre Zeitverschwendung, weil diese Köpfe einfach nur hohl sind? - Ist ein gutes Argument! Da haben Sie völlig Recht! Oder bin ich hier vielleicht diejenige, die einen Fehler gemacht hat? Hätte ich das Angeber-Pärchen vorlassen sollen, damit die schneller in die Kiste hüpfen können? Möglicherweise hätte ich der Allgemeinheit damit etwas Gutes getan - dann wären die Zwei endlich weg vom Fenster! Oder hätte ich nachgiebig Rücksicht darauf nehmen sollen, dass Leute mit so einem modischen Fehltritt am Leib selbstverständlich Priorität haben? Bin ich etwa moralisch dazu verpflichtet, die Klamotten der beiden zu verbrennen? Dann wären sie immerhin schon nackt - bitte schmunzeln! Man, man, man - da bleibe ich lieber optisch unterrepräsentiert als mich solch einer Lächerlichkeit preiszugeben!

Aber was sagen Sie dazu? Hätten Sie die Vordrängler gewähren lassen? Machen heutzutage auch Billigkleider Leute? Ist je öller je döller? Wäre es Verschwendung geistiger Energie, solchen Zeitgenossen seine Aufmerksamkeit zu schenken? Gibt es vielleicht eine mathematische Erklärung dafür, warum die Zwei so hässlich gekleidet waren? Muss man heute so aussehen, als wäre man von einem blinden Religionslehrer angezogen worden? Hat die Kleiderordnung beim Arbeitsamt einen negativen Einfluss auf seine Kunden? Oder warum trifft man heutzutage an jeder Ecke Menschen mit einer hohen Form extrem dynamischer Inkompetenz im Modebereich? Hm?

Und das ist dann auch noch die Welt, in der ich lebe - erklär` sie mir, ich find` sie nämlich blöd!

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