Donnerstag, 3. September 2015
Der geizige brandenburgische Revierförster im schönen Ägypten
"Es ist ja kein Notfall.", lautete die unheimlich männliche Fremdeinschätzung am Telefon. Hm. "Nö, ich bin dann nur obdachlos.", dachte ich mir so. Sind ja andere auch. Ist ja gerade in, dann mache ich diesen Trend auch mal schnell mit... Hab ja sonst nix zum tun... Ich weiß nicht... Und ich verstehe es auch nicht!!! Mir drohte doch tatsächlich Wohnungslosigkeit nach einem perfiden "Justizirrtum" (oh ja - es gibt doch tatsächlich bestechliche - ach nee - befangene Richterinnen in der deutschen Hauptstadt) und dann das! Man bittet angebliche "Freunde" in einem wirklich ernsthaften Notfall um Hilfe, diese könnten nach eigenen Angaben auch problemlos helfen, wollen es aber nicht, weil es in ihren Augen kein Notfall ist und fliegen dann in den sonnigen Urlaub...

Da sagste nüscht mehr - da biste einfach mal platt, würde der Berliner sagen. Einfach so abgefertigt zu werden, das tut verdammt in der Seele weh, Ihr Lieben, und brennt sich auch ziemlich tief ein. Kurz mal sauer sein und das Ganze schnellstmöglich vergessen war einfach keine wählbare Option... Und ja, eine vernünftige Berlinerin wie ich es ohne Zweifel bin, kündigt diese "Freundschaft" dann selbstverständlich auch auf, weil man auf solche Freunde wahrlich verzichten kann - und das kam so...

Mein Vermieter wollte mich loswerden. Das stand mit Sicherheit fest. Habe ich mich doch glatt erdreistet, in meinem Wohnhaus die ortsüblichen hygienischen Zustände einzufordern, die das 21. Jahrhundert nun mal so als Standard mitbringt - keine "metergroßen" Ratten im Keller, keine keimigen Mülltonnen, bei denen selbst die harten Jungs von der Müllabfuhr Schnappatmung, Brechreiz und Ohnmachtsanfälle bekommen, keine menschlichen Ausscheidungsprodukte im Hausflur usw. - naja, jedenfalls war der Vermieter mit diesen extremen Sonderwünschen maßlos überfordert und machte das, was man schon mit Hiob gemacht hat, er wollte mich sprichtwörtlich killen. Dass der Überbringer einer "Hiobsbotschaft" nix für dessen Inhalt kann übersteigt nunmal den Intellekt meines Miethais - nicht aber dessen Budget...

Und deshalb verlief die Gerichtsverhandlung auch unter dem Motto "was kostet die Welt - ich kauf´sie mir" und die zuwendungsoffene Richterin war über die unverhoffte fünfstellige Aufstockung ihres privaten Haushaltsbudget jetzt auch nicht sonderlich böse... Ein einziges befangenes Urteil gegen Ende der Beamtenlaufbahn - das macht doch nun wirklich nix aus - nur, dass ich als anständige Frau der lebensruinierende Kollateralschaden dieser Geldschenkung war... Toll - oder?

Ich wollte oder eher ich musste also in ein nächstes Tollhaus einziehen und der neue Vermieter hatte trotz meiner augenscheinlichen Mehrfachbonität den Wunsch nach immenser Sicherheit - na klar - in Form eines immensen Sicherheitssümmchens inklusive erste Miete und wer weiß, was da noch alles inklusive war... Friseurkosten der Maklerin, ihr Nagellack, ihr Coffee-To-Go-Becher und natürlich ihre verschwendete Lebenszeit, ist ja klar...

So! Ich brauchte Kohle, Schotter, Knete, Penunsen - also diese Papierscheine mit Zahlen drauf, wenn es geht in der modernen Währung, die gerade Europa vereint. Und da ich nunmal auch nicht galaktisch wohlhabend obwohl völlig zufrieden mit meinen Monatstalern bin, brauchte ich Hilfe! Und damit kommen wir zu meiner Lieblingssportart - "Frag-mal-jemanden-nach-Geld". Aus den lustigen Sozialstudien, die man bei dieser Kommunikationsintention betreiben könnte, würde man eine mehrbändige Doktorarbeit zusammengeschrieben bekommen und natürlich auch gleich mehrere Doktortitel dafür bekommen - soviel steht fest bei soviel "Studienmaterial"...

Und so kam es dann zu eingangs kurz angerissenem Telefonat mit einem Freund, der im Umland ein ganz gut betuchter Revierförster ist und von dem ich auf Grund zahlreicher vorher überstandener vertrauensbildender Maßnahmen dachte, dass er mir aus der finanziellen Patsche hilft. Er hätte das Geld, das wäre kein Thema. Aber er wäre ein gebranntes Kind und hat schon ein Mal sein Geld nicht zurückbekommen, deshalb tut er sich schwer. Er könnte jetzt auch lügen und sagen, er hätte es nicht... Bla bla bla... Nö. Da erteilt er mir lieber einen Schlag ins Gesicht unter dem Motto "deshalb traue ich Dir auch nicht - sind ja alle gleich." Nee - iiiissss klaaa...

An der Stelle hätte ich dann doch lieber die Notlüge des nicht vorhandenen Geldes bevorzugt als mit einem direkten Stich ins Herz zu sagen "Ich traue Dir nicht." "Aber schön, dass Du mal angerufen hast. Wir fliegen dann morgen nach Ägypten in den Urlaub und ich rufe Dich dann nochmal zum Verabschieden an." (Hintergrundinfo: wir hatten uns in Ägypten am Strand kennengelernt - ein kleiner Ort am Roten Meer ist sozusagen meine zweite Heimat mit zweitem liebevollem Freundeskreis usw.) Der geizige Förster fliegt also zu meinen Lieben und ich fliege aus der Wohnung raus auf die Straße - nur, dass unser Flugmodus ein gänzlich unterschiedlicher war...

Und natürlich hat er den nächsten Tag nicht angerufen. Und natürlich konnte auch seine Frau es nicht einrichten, sich zu einer Abschieds-SMS zu erniedrigen - aber besagte Abschieds-Botschaft ging dann von meinem Mobiltelefon an die ganze lustige Kiefernwaldtruppe - nämlich, dass ich sie über den Jordan schicke und sie gleich da bleiben können, wo der Pfeffer wächst (ja, ich weiß, dass das eigentlich ein anderer Kontinent ist - Ihr lieblosen Krümelkacker). Sie hatten sich nicht mehr gemeldet, und das bräuchten sie jetzt auch nicht mehr, und dass ich ihnen einen wunderschönen Urlaub wünsche. Und dann: Schweigen im Walde - keine Reaktion des Försters mehr!

Ende der Geschichte: Wohnung habe ich nicht bekommen, habe dann 4 Wochen in einer Frühstückspension gewohnt und vorab mein Hab & Gut an allen möglichen und unmöglichen Stellen in Berlin untergebracht - ganz toll war das!

Joah. War das jetzt ein klassisches Beispiel aus der "Bei-Geld-hört-die Freundschaft-auf-Philosophie"? Muss man erst mit verlodderten Klamotten und in einem hygienisch fragwürdigen Zustand bei seinen Freunden aufkreuzen, um wirklich zu überzeugen, dass man Hilfe braucht? Tragen Telefonate jetzt nicht mehr dazu bei, Freundschaften zu vertiefen sondern eher zu beenden? Ist universelle Hilfe in Form von Geld nicht eigentlich besser als harter körperlicher Einsatz oder gar die Unterbringung einer Freundin auf der Wohnzimmercouch? "Teilen" wir jetzt nur noch Informationen im Internet und das Brot in der Realität teilen wir nicht mehr? Wo sind denn all die guten Wertevorstellungen und all unsere gute Erziehung hin - zum Teufel noch mal???

Und das ist dann auch noch die Welt, in der ich lebe - erklär`sie mir bitte, ich find´sie nämlich blöd!

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