Sonntag, 26. April 2015
Die abgewrackte Barkeeperin, die das Feuer auf dem Spielplatz nicht melden wollte
"Wohnen Sie hier in der Nähe oder warum?", war die Antwort auf meine Frage, ob ich mal kurz telefonieren könnte. "Nicht ganz, aber drei Straßen weiter.", antwortete ich ihr und fragte mich wahrlich innerlich, ob nach Auffassung der Barfrau nur "direkte Anwohner" die Feuerwehr rufen sollten. "Haben Sie denn kein Handy?", fragte mich die Frau, die eine E-Zigarette rauchte, dann auch noch... Och nee... (By the way - der Notruf ist für jedes Handy kostenfrei.)

Man, man, man! Was für einer Plinse bin ich daaaaa nur wieder begegnet! Halt die Frau fest! Die olle Wirtin passte aber auch haargenau ins Klischee einer Tresenschlampe der letzten Kneipe in der hinterletzten Stadt - nur, dass wir uns beide ziemlich zentral in Berlin befanden und zwar in der Nähe eines riesigen Holzspielplatzes, der in Flammen zu stehen drohte! Und das kam so...

Beim allabendlichen Gassi ging ich mit meinem Hund eine für uns eigentlich untypische Runde. Hundebesitzer kennen das und werden sich hier wiederfinden - wenn im "Gassigebiet" eine große 4- oder gar 6-spurige Hauptstraße liegt, dann überquert man diese eher selten - man bleibt halt in seinem Block - bitte schmunzeln!

Nun wollte ich doch tatsächlich mal über die Grenzen meiner Gewohnheiten hinaus - und dann das! Ich komme an einem sehr beliebten Spielplatz vorbei, der wie ein Zirkus aufgemacht ist und komplett aus Holz ist (natürlich TÜV-geprüft - wir sind ja schließlich in Deutschland). Auf den Bänken vor dem dazugehörigen Bolzplatz sah man schon von Weitem ein Feuer brennen inklusive der grölenden, erkennbar alkoholisierten Jugendlichen.

Das Ganze spielte sich an einem Samstagabend ab so kurz vor 22 Uhr. Als ich samt Hund vorbeischlenderte kam ein Junge auf dem Fahrrad gefahren und rief noch vor dem Spielplatzzaun "Sagt mal, was macht Ihr denn da???" mit entsprechendem verurteilenden Unterton. "Scheiße, Alter, was habt Ihr denn angezündet? Was brennt denn da?", fragte der Junge entrüstet als er mit dem Rad auf den Spielplatz fuhr. Ein Mädchen laberte angetrunken, dass es zusammengesammelter Müll ist, und etwas singend brüllte sie "Laaaaagerfeuer in der Cityyyyy"... "Sag mal, spinnt Ihr? Was soll der Scheiß?" "Jetzt bleib mal locker..."

Jep. Ich als Passantin samt Hund bin dann mal locker geblieben und da ich mir beim Gassi gehen den Luxus leiste, kein Handy mitzunehmen, bin ich mal locker in die nächste Kneipe rein. Die war keine 50 Meter vom lockeren "Lagerfeuer in der City"entfernt. Und hier kommt dann die bildungsferne Bierglasfrau ins Spiel, die ich eingangs bereits zu Wort kommen ließ. Fürs Protokoll: wir befinden uns im 21. Jahrhundert - dem sogenannten Kommunikationszeitalter! Aber hier war dann weder Kommunikation noch Zeit, Alter!

Sie unterhielt sich mit dem einzigen Gast am Tresen, musterte mich mit einem abwertenden Blick, unterhielt sich weiter mit der Biergestalt, zog an ihrer E-Zigarette und kam dann tatsächlich doch auf die Idee, mich zu fragen, was ich denn möchte. "Kann ich mal kurz bei Ihnen telefonieren? Jugendliche haben auf dem Spielplatz ein Lagerfeuer angezündet und ich würde gern die Polizei rufen." Ob ich in der Nähe wohne, ob ich denn kein Handy hätte, dass sie mir ihr Handy nicht geben kann und, dass sie hier kein Telefon hat, bla, bla, bla - nee iiis klaaa...

Feuer auf einem Holzspielpatz - und die Bartussi interessiert das einen Scheißdreck! Ist ja nur ihr Kiez, ist ja nur ein paar Meter weiter...

Ich bin dann unverrichteter Dinge wieder aus dem "Raucherlokal ohne Telefon" raus und hoffte nur, dass ich dann morgen in der Tageszeitung nicht lesen muss, dass der Zirkusspielplatz letzte Nacht abgefackelt wurde. Ob ich dann den Cops von der indirekt unterlassenen Hilfeleistung berichte - habe ich mich auf dem Heimweg gefragt?

Aber der Fall war klar. Samstag abend. Beinahe leere Kneipe. Ich habe die alte Tresenfrau erstens beim Unterhalten gestört, zweitens beim Rauchen, drittens beim Arbeiten, viertens musste sie sich in meine Richtung bewegen und dann soll sie fünftens auch noch etwas für die Sicherheit der Allgemeinheit tun? Ausgeschlossen!

Und auch richtig klischeehaft! Die Frau hatte kurze rote Haare, war total überschminkt, ziemlich billig aufgetakelt, im Gesicht total verhärmt und faltig, knöchige Hände mit unprofessionell lackierten Nägeln - und diese Zeitgenossin soll sich für einen Spielplatz interessieren? Mitnichten!

Wissen Sie, die Menschen mischen sich immer in alles Unwichtige ein, studieren die Boulevardpresse bis ins kleinste Detail und kennen jeden ach so wichtigen Klatsch und Tratsch - aber wenn in der eigenen Nachbarschaft mal locker ein unkontrolliertes Stadtfeuerchen gemacht wird, ist dieses "brennende Interesse" an allem Unwichtigen völlig erloschen?

Was genau war denn nun eigentlich das Problem dieser Frau? Dass ich anstatt einem Bier die Polizei ordern wollte? Dass ich ein Problem "von draußen" mit reinbrachte? Oder war ich einfach nur unbequem? Bin ich denn die Einzige hier, die Samstag abends klar denken kann? Ist den "Barmenschen" nicht klar, dass Sicherheit und Gesundheit das Wichtigste im Leben ist - und zwar auch für "Spielplatzmenschen"? Und wieso überhaupt kommen diese losgelösten Halbstarken auf die bescheuerte Idee, auf einem Holzspielplatz Müll anzuzünden??? Was ist denn bei denen schief gelaufen???

Und das alles ist dann auch noch die Welt, in der ich lebe?! Erklär` sie mir bitte - ich find` sie nämlich wirklich blöd!

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Die Walbeobachterin auf Gran Canaria und ihre immense Nächstenliebe in der Nachbarschaft
"Ola Chica!", "Bonjour Cherie!" und "Ciao Bella!" - so fingen ihre gut gelaunten SMS meist immer an, und unsere beginnende Freundschaft fing mit Smalltalk auf der Hundewiese sowie mit Kaffeetrinken beim Italiener um die Ecke an... Währet den Anfängen, dachte ich, und "Lobet den Herrn!", denn bei unseren Kaffeegesprächen konnte ich Stück für Stück erkennen, dass ich doch tatsächlich jemanden auf meiner Wellenlänge gefunden hatte. Ich ließ mich sogar schon dazu hinreißen, diese sympathische Person als meine Seelenverwandte zu bezeichen - es passiert nicht mehr oft in diesen Zeiten (21. Jahrhundert, deutsche Hauptstadt, "Geld-regiert-die-Welt-Modus" und "Jeder-ist-sich-selbst-der-Nächste-Philosophie"), dass man jemandem begegnet, der einen erstens wirklich versteht und zweitens in den einem wichtigen Dingen so denkt, wie man selbst... Das macht mich wirklich glücklich, wie Sie - meine geneigten Leser - sicherlich nachvollziehen können...

Oftmals ist es ja so, dass man sich in Clubs, Bars, Restaurants etc. mit einem Menschen trifft, den man gerade neu kennen lernt, um sozusagen auf neutralem Boden zu bleiben, aber meine neue Symphathieträgerin war in meinen Augen mittlerweile schon soweit, dass ich sie zu mir nach Hause einlud - sogar mehr noch - wir fingen an, über erste Probleme zu sprechen, die jede von uns hatte, was da heißt, wir vertrauten einander! Jeder Mensch weiß, wie verdammt wichtig (Ur)vertrauen zu einem anderen Menschen ist und wie gut sich das Ganze anfühlt - stimmt`s oder habe ich Recht?

Umso mehr kann man also nachvollziehen, wie sehr es weh tut, wenn man irgendwann schmerzlich erkennen muss, dass weder Vertrauen noch die ganze beginnende Freundschaft beim ersten zwischenmenschlichen "Test" eine Rolle spielen. Unsere Freunschaft wurde nämlich auf eine erste Probe gestellt und das kam so: ich hatte meiner Kaffeefreundin von den immensen, im rechtlichen Sinne illegalen Machenschaften meines Vermieters erzählt, die im Endeffekt dazu führen werden, dass ich ausziehen muss. Die Miete meiner Wohnung beträgt lediglich 10 % meines Gehaltes, es ist also völlig absurd von mangelnder Bonität meinerseits etc. zu sprechen. Ich kritisiere "zu viel" in den Augen des Vermieters und daher bin ich "unbequem". Ich halte es aber weiterhin für richtig, vor sich hin verwesende tote Ratten und menschliche Fäkalien im Keller des Hauses dann doch zu hinterfragen - vom Geruch mal ganz abgesehen...

Nun denn. Meine bis dato mir stets geneigte Freundin flog samt Lebenspartner in den ihr wohlverdienten Resturlaub nach Gran Canaria. Während das wirklich liebenswürdige Paar die dort ansässigen Wale beobachtete und es sich gut gingen ließ, spitzten sich meine Lebensumstände hier in der deutschen Hauptstadt zu! Egal, welche Rechtsmittel mein Anwalt benutzte und egal, wie vielen Behörden Berlins ich meinen grotesken Mietstreit erklärte - eines bleibt in Stein gemeißelt: Recht haben und Recht bekommen sind definitiv zwei verschiedene Paar Schuhe - oh ja!

Während also meine Walbeobachterin Kraft tankte, wurde mir ungerechter Weise eine ganze Menge Energie entzogen und ich mutierte fremdgesteuert zur Obdachlosen. Geld regiert die Welt - ich habe mir das nicht ausgesucht - und dieses Geld regiert auch in deutschen Amtsstuben - jeder Beamte hat scheinbar seine finanzielle Schmerzgrenze - man muss sich dieser mit seiner "lieb gemeinten Zuwendung" nur gut nähern - nicht wahr? Die Rede ist also von Korruption und Befangenheit... Und ich darf mir diese Einschätzung "anmaßen", denn ich arbeite selbst im Öffentlichen Dienst...

Zurück aus dem Urlaub begrüßte mich meine Beinahe-Freundin dann mit einer gut gelaunten SMS und lud mich bereits zum nächsten Kaffeeplausch ein. Ich habe mich auch sehr über ihre Rückkehr gefreut und ersehnte auch schon längst unser nächstes Treffen - da mir aber widerrechtlich mein Wohnraum entzogen werden sollte, lagen meine Prioritäten nicht im Konsumieren von koffeinhaltigen Heißgetränken, sondern in der intensiven Wohnungssuche. Dies unterbreitete ich der Teuersten ebenfalls per SMS und musste das nächste Treffen daher vorerst absagen - und jetzt kommt es: keine Reaktion! Also nochmal: sie hat nicht darauf reagiert! Gar nicht! Nix!

So. Ich brauchte Hilfe. Sie wusste es. Wohnungssuche, Umzug, Hundebetreuung, Auto, Tragehilfen und mentalen Beistand - aber nix... Einfach Funkstille... Bis heute... Schweigen im Walde...

Tja. Hm. Joah...

Sollte ich mich tatsächlich so in ihr getäuscht haben? Erkennen die Menschen von heute nicht mehr, dass ihre Hilfe gebraucht wird? Muss man diese Hilfe erst ganz konkret und direkt einfordern? Oder muss man diese selbstverständliche Nachbarschaftshilfe jetzt stets mit Geld honorieren? Sind sogenannte "Schön-Wetter-Freundschaften" jetzt das "Must-Have" des 21. Jahrhunderts? Wechselt man heutzutage die "Freunde" wie die Unterwäsche (vorausgesetzt, man wechselt sie noch täglich)? Warum hat sie mich denn nun so mit Ach und Krach einfach hängen lassen? Was soll das? Wo sind Moral und Nächstenliebe bloß heutzutage hin?

Und das ist dann auch noch die Welt, in der ich lebe! Erklär` sie mir - ich find` sie nämlich blöd!

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