Samstag, 25. April 2015
Die Walbeobachterin auf Gran Canaria und ihre immense Nächstenliebe in der Nachbarschaft
"Ola Chica!", "Bonjour Cherie!" und "Ciao Bella!" - so fingen ihre gut gelaunten SMS meist immer an, und unsere beginnende Freundschaft fing mit Smalltalk auf der Hundewiese sowie mit Kaffeetrinken beim Italiener um die Ecke an... Währet den Anfängen, dachte ich, und "Lobet den Herrn!", denn bei unseren Kaffeegesprächen konnte ich Stück für Stück erkennen, dass ich doch tatsächlich jemanden auf meiner Wellenlänge gefunden hatte. Ich ließ mich sogar schon dazu hinreißen, diese sympathische Person als meine Seelenverwandte zu bezeichen - es passiert nicht mehr oft in diesen Zeiten (21. Jahrhundert, deutsche Hauptstadt, "Geld-regiert-die-Welt-Modus" und "Jeder-ist-sich-selbst-der-Nächste-Philosophie"), dass man jemandem begegnet, der einen erstens wirklich versteht und zweitens in den einem wichtigen Dingen so denkt, wie man selbst... Das macht mich wirklich glücklich, wie Sie - meine geneigten Leser - sicherlich nachvollziehen können...

Oftmals ist es ja so, dass man sich in Clubs, Bars, Restaurants etc. mit einem Menschen trifft, den man gerade neu kennen lernt, um sozusagen auf neutralem Boden zu bleiben, aber meine neue Symphathieträgerin war in meinen Augen mittlerweile schon soweit, dass ich sie zu mir nach Hause einlud - sogar mehr noch - wir fingen an, über erste Probleme zu sprechen, die jede von uns hatte, was da heißt, wir vertrauten einander! Jeder Mensch weiß, wie verdammt wichtig (Ur)vertrauen zu einem anderen Menschen ist und wie gut sich das Ganze anfühlt - stimmt`s oder habe ich Recht?

Umso mehr kann man also nachvollziehen, wie sehr es weh tut, wenn man irgendwann schmerzlich erkennen muss, dass weder Vertrauen noch die ganze beginnende Freundschaft beim ersten zwischenmenschlichen "Test" eine Rolle spielen. Unsere Freunschaft wurde nämlich auf eine erste Probe gestellt und das kam so: ich hatte meiner Kaffeefreundin von den immensen, im rechtlichen Sinne illegalen Machenschaften meines Vermieters erzählt, die im Endeffekt dazu führen werden, dass ich ausziehen muss. Die Miete meiner Wohnung beträgt lediglich 10 % meines Gehaltes, es ist also völlig absurd von mangelnder Bonität meinerseits etc. zu sprechen. Ich kritisiere "zu viel" in den Augen des Vermieters und daher bin ich "unbequem". Ich halte es aber weiterhin für richtig, vor sich hin verwesende tote Ratten und menschliche Fäkalien im Keller des Hauses dann doch zu hinterfragen - vom Geruch mal ganz abgesehen...

Nun denn. Meine bis dato mir stets geneigte Freundin flog samt Lebenspartner in den ihr wohlverdienten Resturlaub nach Gran Canaria. Während das wirklich liebenswürdige Paar die dort ansässigen Wale beobachtete und es sich gut gingen ließ, spitzten sich meine Lebensumstände hier in der deutschen Hauptstadt zu! Egal, welche Rechtsmittel mein Anwalt benutzte und egal, wie vielen Behörden Berlins ich meinen grotesken Mietstreit erklärte - eines bleibt in Stein gemeißelt: Recht haben und Recht bekommen sind definitiv zwei verschiedene Paar Schuhe - oh ja!

Während also meine Walbeobachterin Kraft tankte, wurde mir ungerechter Weise eine ganze Menge Energie entzogen und ich mutierte fremdgesteuert zur Obdachlosen. Geld regiert die Welt - ich habe mir das nicht ausgesucht - und dieses Geld regiert auch in deutschen Amtsstuben - jeder Beamte hat scheinbar seine finanzielle Schmerzgrenze - man muss sich dieser mit seiner "lieb gemeinten Zuwendung" nur gut nähern - nicht wahr? Die Rede ist also von Korruption und Befangenheit... Und ich darf mir diese Einschätzung "anmaßen", denn ich arbeite selbst im Öffentlichen Dienst...

Zurück aus dem Urlaub begrüßte mich meine Beinahe-Freundin dann mit einer gut gelaunten SMS und lud mich bereits zum nächsten Kaffeeplausch ein. Ich habe mich auch sehr über ihre Rückkehr gefreut und ersehnte auch schon längst unser nächstes Treffen - da mir aber widerrechtlich mein Wohnraum entzogen werden sollte, lagen meine Prioritäten nicht im Konsumieren von koffeinhaltigen Heißgetränken, sondern in der intensiven Wohnungssuche. Dies unterbreitete ich der Teuersten ebenfalls per SMS und musste das nächste Treffen daher vorerst absagen - und jetzt kommt es: keine Reaktion! Also nochmal: sie hat nicht darauf reagiert! Gar nicht! Nix!

So. Ich brauchte Hilfe. Sie wusste es. Wohnungssuche, Umzug, Hundebetreuung, Auto, Tragehilfen und mentalen Beistand - aber nix... Einfach Funkstille... Bis heute... Schweigen im Walde...

Tja. Hm. Joah...

Sollte ich mich tatsächlich so in ihr getäuscht haben? Erkennen die Menschen von heute nicht mehr, dass ihre Hilfe gebraucht wird? Muss man diese Hilfe erst ganz konkret und direkt einfordern? Oder muss man diese selbstverständliche Nachbarschaftshilfe jetzt stets mit Geld honorieren? Sind sogenannte "Schön-Wetter-Freundschaften" jetzt das "Must-Have" des 21. Jahrhunderts? Wechselt man heutzutage die "Freunde" wie die Unterwäsche (vorausgesetzt, man wechselt sie noch täglich)? Warum hat sie mich denn nun so mit Ach und Krach einfach hängen lassen? Was soll das? Wo sind Moral und Nächstenliebe bloß heutzutage hin?

Und das ist dann auch noch die Welt, in der ich lebe! Erklär` sie mir - ich find` sie nämlich blöd!