Mittwoch, 19. November 2014
Die Mutter, die plötzlich doch kein Laufrad mehr für ihre Tochter haben wollte
"The road to hell is full of good intentions" - so oder so ähnlich singt es die US-amerikanische Popsängerin Madonna in einem ihrer Songs. Kennt Ihr das - man möchte etwas Gutes tun und wird dann dermaßen enttäuscht und vor den Kopf geschlagen, dass man sich fragt: "Was soll das denn jetzt???" So ist es mir kürzlich gegen Ende des diesjährigen Sommers wiederfahren - aber lest selbst!

In meiner Straße wohnt ein junges, sehr symphatisches Paar mit einer kleinen fast 2-jährigen Tochter. Die Frau ist Mutter und Hausfrau (so klischeehaft dies auch klingt) und der Vater arbeitet selbständig im eigenen Cateringservice. Beide Leute sind wirklich sehr symphatische Menschen, die kleine Tochter ist ein absolut liebenswürdiges Mädchen...

Nun stand der 2. Geburtstag der kleinen Prinzessin so langsam vor der Tür und gleichzeitig war mir durch die schwankende Auftragslage im Cateringservice klar, dass das Familieneinkommen gerade arg strapaziert werden muss. Darüberhinaus macht das Paar kein Geheimnis daraus, dass es manchmal ziemlich sparsam sein muss...

Ich wusste, dass beide Eltern Fahrradfans sind. Auch wusste ich, dass der Vater es cool finden würde, wenn die Kleine ein Laufrad hätte. Ja prima, dachte ich mir, dann gucke ich mich mal nach einem Mini-Laufrad um, für kleine Anfängerinnen sozusagen. Ich hatte mich schon sehr darauf gefreut, zu sehen, wie das Mädchen damit um den Block laufradelt - es ist immer ein Erlebnis, wenn Kleinkinder anfangen, Dreirad zu fahren, Roller zu rollen oder eben Laufrad zu laufradeln...

Gesagt - getan - gefunden - und zwar in einer Jugendtechnikschule. Ein kleines, süßes Laufrad der bei Eltern sehr beliebten Marke mit "P" stand in einer Ecke und konnte gegen eine Spende abgegeben werden. Um so besser, dachte ich, dann kann ich gleich noch etwas Gutes tun - sehr genial! Ich habe das kleine Laufrad auf mein Fahrrad aufgeladen, bin freudestrahlend durch die halbe Stadt geradelt und hoffte, Eltern samt Tochter zu Hause anzutreffen, um mein verfrühtes Geburtstagsgeschenk zu übergeben - verfrüht, weil es noch Spätsommer war und die Kleine erst im späteren Herbst ihren 2. Geburtstag feiern sollte.

Man, hab`ich ein Glück - ich traf Mutter und Tochter gleich auf dem Balkon an und begrüßte sie freundlich. Stolz wie Bolle präsentierte ich das besorgte Laufrad und meinte, dass wir es ja gleich ausprobieren könnten. "...Ähm... Nee, wir wollen jetzt doch kein Laufrad mehr..." (Wieso das denn?) "Ähm... Ja, wir wollen jetzt doch warten, bis die Kleine 2 Jahre ist." (Na dann kann doch das Rad so lange in den Keller?) "Ähm... Nee. Und außerdem haben wir gerade keine Kohle." (Aber ist doch ein Geschenk!) "Ähm... Nee. Vielen Dank. Und jetzt müssen wir auch wieder rein gehen." (Sagt die Mutter bei schönstem Sonnenschein und schließt ihre Balkontür.) OoooKeeeeeyyy???!!!

Tja, und dann stand ich da mit dem Laufrad auf meinem Rad und war völlig platt...

Was ist denn jetzt los? Ist ein Marken-Laufrad nicht mehr gut genug? War die Farbe falsch? Kann man es sich bei geringem Einkommen wirklich leisten, wählerisch zu sein? Ist das jetzt etwa übertriebener Stolz? Gönnt sie dem Mädchen das Laufrad nicht? Ist das jetzt Jammern auf hohem Niveau? Geht es den Leuten immer noch zu gut? Was genau ist denn hier eigentlich das Problem???

Jetzt werden also offensichtlich schon Marken-Laufräder als Geschenk abgelehnt? Hm. Und das ist die Welt, in der ich lebe? Erklär`sie mir bitte - ich find`sie nämlich blöd!

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Samstag, 13. September 2014
Der rotzfreche Brötchen-Dieb im gutbürgerlichen Mietshaus
Kürzlich bin ich mit der S-Bahn ins schöne Karlshorst gefahren, einem Stadtteil im Osten Berlins, um dort etwas abzuholen... Ich kam dabei in der Marksburgstraße 36 vorbei, an einer kleinen, aber feinen Steinofenbäckerei namens Vos...

Eigentlich wollte ich nur ganz kurz pausieren, aß dann aber ein süßes Teilchen auf dem Hinweg und eine leckere Bockwurst mit Senf auf dem Rückweg, um danach noch ein weiteres dieser süßen Teilchen zu essen. Alles war unglaublich lecker! Und die Verkäuferin war echt dufte!

Ich war so verblüfft von der offensichtlich hohen Qualität dieser handgemachten Backware und dabei gleichzeitig so glücklich, dass ich es kaum fassen konnte, wie gut dieser kleine Bäcker war - und darüberhinaus war er verhältnismäßig so günstig, dass ich spontan eine Preiserhöhung vorschlug... Mir war augenblicklich bewusst, dass ich eine Perle, eine kleine Oase, also definitiv etwas Wunderbares gefunden hatte, was - ebenso definitiv - viel mehr Aufmerksamkeit verdient...

Da ich in keinem sozialen Netzwerk zu finden bin, um etwas zu "teilen" (zu "posten", zu "twittern" oder ähnliches kommunikatives weiterzuverbreiten), habe ich 5 Tüten mit jeweils 2 Zwiebelschustern gekauft. Zwiebelschuster sind Schusterjungen mit Röstzwiebeln und daher prima geeignet für eine deftige Brötchen-Mahlzeit - gern mit Schmalz, guter Hausmannswurst oder Hackepeter nebst sauren Gurken...

Ich hatte bei diesem Kauf sponan an meine 3 direkten Hausnachbarn sowie an die Lampenverkäuferin am anderen Hauseck und mich selbst gedacht, und wollte jedem der 4 Erstgenannten eine kulinarische Freude bereiten, in dem ich ein lecker duftendes Mitbringsel aus dem schönen Ost-Berlin an ihre Türklinke hängen wollte...

Gesagt - getan! Die Lampenfrau konnte sofort nachvollziehen, warum ich ihr die duftenden Brötchen mitgebracht hatte und freute sich schon auf ihr kommendes Abendbrot. Meinen 3 Nachbarn hing ich jeweils eine Tüte mit 2 Zwiebelschustern an die Tür und tat sogar einen kleinen handschriftlichen Gruß mit hinein...

Nicht, dass ich jetzt auf ein riesiges Feedback oder ein überschwängliches Dankeschön gewartet hatte - aber es kam auch nach mehreren Tagen gar keine Reaktion von keinem der 3 Nachbarn. Dies verwunderte mich dann doch, und beim nächsten Smalltalk im Hausflur fragte ich völlig beiläufig, wie denn die Brötchen geschmeckt hätten? "Welche Brötchen???", erhielt ich jedes Mal als Antwort, und nach der dritten Reaktion dieser Art wurde mir leider schmerzlich klar, dass mein nachbarschaftliches "Teilen" nicht geklappt hat - oder besser zu Deutsch: jemand hat von ALLEN 3 Türen die Brötchen geklaut!!!

Unglaublich! Das gibt es doch gar nicht! Das kann jetzt nicht sein! Das kann doch wirklich nicht wahr sein! Nö!!! Nicht doch... In einem - ich sage mal - verschlafenen, gutbürgerlichen Mietshaus, in dem das Kurz-Vor-die-Tür-stellen eines Müllbeutels schon wochenlangen Gesprächsstoff bietet - werden Brötchen gestohlen!!! Und zwar von der Türklinke der Wohnungstüren dreier Wohnungen in einer der höheren Etagen...

Wie dreist ist das denn??? Machen die Menschen denn jetzt vor gar nichts mehr halt? Kann man seinen Nachbarn nicht mal mehr eine Freude machen? Ist der Respekt vor fremdem Eigentum in unserer Gesellschaft jetzt völlig verloren gegangen? Hätte denn nicht auch eine Tüte mit 2 Brötchen als Diebesgut gereicht? Ich war so platt und so vor den Kopf geschlagen, dass ich dachte, im falschen Film zu sein. Auch meine verdutzten Nachbarn kamen aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus...

Und das ist die Welt, in der ich lebe? Erklär`sie mir bitte - ich find`sie nämlich blöd!

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Sonntag, 22. Juni 2014
Der arrogante Überflieger-Vater beim Berlin-Marathon
Das tolle Plakat für meine Leute, die beim Berlin-Marathon mitlaufen, habe ich wirklich mit sehr viel Liebe gemacht. Ich habe eine eigene Graffiti-Handschrift kunstvoll aufgemalt und einen sehr freundlichen Smiley mit eingearbeitet... Ich werde am Kilometer 22 stehen gleich nach der Kurve und meine sportlichen Freunde sollten dort die anfeuernde Botschaft lesen: "Keep On Running!"

Das Plakat, auf das sich meine Freunde also schon freuten, habe ich am Gepäckkorb meines Fahrrades gut sichtbar befestigt und habe mir eine gute, noch völlig freie Position an der Strecke gesucht, von der die Läufer wussten, dass ich dort stehe...

Gesagt, getan - Fahrrad positioniert, Hund vor großen Füßen geschützt mit hingesetzt und bereits anerkennendes Schmunzeln anderer Menschen am Straßenrand geerntet - meine Sportsfreunde können kommen!

Aber es sollte anders kommen! Und es sollte so ein widerlich arroganter Familienvater auf der Bildfläche erscheinen, dass die Situation allen Beteiligten nur ein immenses Stirnrunzeln samt Kopfschütteln abringen konnte...

Der Mann geht schnurstracks auf mein Fahrrad zu, hebt es an und ist im Begriff, es einfach wegzuräumen! "Lassen Sie sofort mein Eigentum los!", forderte ich ihn streng auf und musste dabei schnellstens darauf achten, dass dieser ungehobelte Fatzke nicht meinem Hund auf seine Pfoten trat. Er ließ los und sagte zu seinen Töchtern: "Kommt Mädels, setzt Euch hier hin!" Die beiden Mädchen im Grundschulalter öffneten ihre Klapphocker und setzten sich mitten auf die Straße - direkt vor mich, meinen Hund und vor allem vor mein Plakat!

"Was erwarten Sie eigentlich?", fragte ich ihn. "Sie kommen kurz bevor es losgeht, setzen sich über alle anderen Menschen hier hinweg und erwarten dann noch die besten Plätze?" Die Kinder guckten bedröppelt, ihnen wurde sichtbar mulmig. Später wird sich herausstellen, dass sie von den Fahrradordnern weggeschickt werden, da sie stören...

"Was wollen Sie eigentlich?", fragte mich der Mann, "Und was soll dieses alberne Plakat? Keep On Running - das sieht doch keine Sau!" Die beiden Töchter des Mannes fingen an, sich für ihren arroganten Vater fremdzuschämen, denn es war ihnen anzusehen, dass ihnen das Plakat gut gefiel und sie erkannten, dass ihr Vater hier gerade äußerst unangenehm auffällt...

Die Krönung kam aber noch, und zwar als die Mutter der Mädchen samt einem weiteren Kind im großen Kinderwagen sich auch noch dazwischen drängeln wollte und die ganze hyperaktive Familie jetzt den Unmut aller Anwesenden auf sich zog. Völlig grobmotorisch, ungehobelt und rücksichtslos machten sich alle 5 Überflieger so in der Menge breit, dass es ordentlich abwertende Kommentare hagelte...

"Mädels, ich sehe, dass Euch das peinlich ist, was hier abläuft. Ich hoffe, dass Euch wenigstens in der Schule beigebracht wird, wie man sich anständig bei sportlichen Großveranstaltungen verhält!", sagte ich den sitzenden Kindern zugewandt. Die amüsierte Menschenmenge nickte zustimmend und schmunzelte...

"Komm, Hans-Peter,", sagte die generve Frau mit Kinderwagen, "auf so einen Stress habe ich ja gar keine Lust!" "Ihr Mann ist hier der Stressmaker - benimmt sich wie die Axt im Walde!", entgegnete ich. "Genau!", meinte ein weiterer Zuschauer. Und "jetzt gehn Sie schon endlich", warf eine andere Frau mit ein...

Als die gesamte ungehobelte Sippe endlich von Dannen zog, war allgemeines Aufatmen zu hören, Grinsen zu sehen und Kopfschütteln zu beobachten...

Was hat dieser Familienvater eigentlich erwartet? Dass alle Leute ihm Platz machen, wenn er dort völlig verspätet aufkreuzt? Dass die Menschen es gut finden, wenn er sich einen Dreck darum schert, wie er sie stört? Denkt er, dass es völlig legitim ist, einfach ungefragt mein Fahrrad anzufassen und wegstellen zu wollen? Hat er auch nur im Geringsten mitbekommen, dass er meinen kleinen Hund ziemlich verängstigt hat durch sein forsches Auftreten?

Wie peinlich sind solche Menschen eigentlich? Warum verhalten diese sich so ungebremst anmaßend und rücksichtslos? Gibt es neuerdings eine Medaille für den besten "Über-Vater", der seine Familie durch den Großstadtdschungel bringt? Ist es unmodern geworden, mit anderen Menschen respektvoll umzugehen? Und das Ganze bei einer sportlichen Großveranstaltung, auf der Fairness und gegenseitige Rücksichtsnahme - sprich der Olympische Gedanke - im Vordergrund steht (und nicht zwei kleine Mädchen auf Klappstühlen)!?

Und das ist dann auch noch die Welt, in der ich lebe? Erklär`sie mir bitte - denn ich find`sie nämlich blöd!

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Donnerstag, 28. November 2013
Die tüddelige Klatsch-Tante im leider blockierten Fahrstuhl
"Na, Sie haben ja einiges zu tun..." bemerkte die spröde Wilmersdorfer Witwe mit entsprechendem abwertenden Unterton und noch mehr entsprechendem abwertenden Blick. Ich brachte ein paar Sachen in meine Wohnung, die ich woanders untergestellt hatte bis ich genug Platz hatte. "Ja, ein paar Kleinigkeiten..." reagierte ich und zwar nur, um irgendetwas Belangloses als Reaktion hervorzubringen. Ich wusste, dass jegliche "Aktivitäten" im Hausaufgang von brennendem Interesse für die ältere Mitwohngeneration sind...

Mit gekonntem, schnell über alle meine Mitbringsel schweifendem Blick versuchte die höchst adrette Dame alle Details zu erfassen, die man bei einem anständigen Klatsch- und Tratschgespräch zum Besten geben kann. Es gibt ja bekanntlich nix Aufregenderes als den Hausrat seiner Nachbarn zu kennen und detailgetreu mit der Nachbarschaft auszuwerten...

"Sie können aber sehr gern den Fahrstuhl benutzen! Ich habe wirklich Zeit...", sagte ich zu der Frau. Ich bin ja "nett" und ich hatte wirklich Zeit und ja, natürlich wollte ich sie schnellstmöglich loswerden. Ich wollte schließlich vermeiden, dass mein Privatkram zum Hausgespräch wird, weiß ich doch, wie bekanntlich ausschmückend von solchen Zeitgenossinnen jeder Pfurz ausgewertet wird...

"Ach, ist schon gut, die zwei Treppen werden mich schon nicht umbringen!", sagt die kleine neugierige Parfümwolke und geht in Richtung Treppe - aber nicht, ohne mit allem Blickaufwand auch die letzten Wissenslücken bei ihr über meinen privaten Krimskrams schnell aufzufüllen. Hoffentlich hat die Frau auch den Staub auf der blauen Vase gesehen! Wäre ja schade, wenn dieser "Sachverhalt" ungesehen im Hausflur verhallt...

Ich bringe also Stück für Stück mein Hab & Gut in meine Wohnung und bin sehr froh, nicht noch mehr "interessierten Zeitzeugen" dabei begegnet zu sein. Aber wie sich nur kurze Zeit später herausstellte, reicht schon definitiv eine private Hobby-Spionin für Hausgespräche...

"Was haben Sie denn mit Frau Sowieso gemacht? Die musste wohl letztens die Treppen laufen, weil Sie den Fahrstuhl blockierten und fühlte sich danach gar nicht gut - wie sie sagte..." Die Hauswartsfrau schaut mich mit großen, vorwurfsvollen Augen an und erwartete jetzt wohl eine Erklärung, warum ich junger Hüpfer es denn der älteren Bevölkerung so schwer machen müsste. Die freiwillige Treppensteigerin hatte sich noch am selben Tag über mich beschwert und schmückte ihr körperliches Unwohlsein dabei wohl in allen Farben aus...

"Wollen Sie wirklich eine Erklärung hören? Oder sind Sie nur neugierig wie ich auf diese Lügenaktion reagiere?", fragte ich. "Na, man könnte ja schon ein bisschen Rücksicht nehmen - meinen Sie nicht?" Da hatte ich schon die Antwort auf meine beiden Fragen: eine alte Wilmersdorfer Witwe kann lügen, dass sich die Balken biegen unter dem Motto "Die Jugend von heute hat sowieso keinen Anstand mehr" und "die Jugend" hat nicht den Hauch einer Chance, das Geschehene auch nur halbwegs zu relativieren...

Soll ich mich jetzt glücklich schätzen, dass die Pseudo-Fahrstuhl-Frau mich überhaupt wahrgenommen hat? Hätte ich sie mehr über meinen persönlichen Haushaltskram "informieren" müssen, damit sie mir nicht im Nachhinein mit einer Lügengeschichte in den Rücken fällt? Erwartet die "ältere Generation" etwa, dass man sie versteht und auf sie Rücksicht nimmt, wenn umgekehrt nicht das geringste Interesse an Verständnis für die "jüngere Bevölkerung" besteht? Hätte ich die Frau etwa fragen sollen, ob sie mir tragen hilft? Welchen Fehler habe ich denn nun eigentlich gemacht??? ...Und das ist die Welt, in der ich lebe? Erklär`sie mir bitte, denn ich find`sie nämlich blöd!

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Freitag, 13. September 2013
Die überparfümierte Fake-Frau in der Geldwechselstube
Mein Hund fängt mächtig an in Richtung meiner rechten Seite zu schnüffeln, um die penetrante Parfümnote in seinem tierischen Gehirn zu katalogisieren... Mein gewechseltes Geld liegt in loser Sammlung in der silbernen Schiebeklappe des Schalters. Als ich es gerade einstecken wollte, näherte sich diese grenzenlose weibliche Gestalt und studiert aufmerksam mein noch vor mir liegendes Bargeld...

"Können Sie bitte etwas Abstand nehmen?!", fordere ich die aufgetakelte Zeitgenossin auf, "Von Diskretionsabstand haben Sie wohl noch nie etwas gehört - oder?" Das Parfüm dieser penetranten Mode-Fake-Ikone verursachte bei mir fast Atemnot, wohl aber spürbar imaginären Spontanzahnbelag.

"Jetz nehm`Se doch endlich Ihr Geld!", war die erste Reaktion dieser völlig überschminkten Tante. "Ich kann hier so lange stehen bis meine Transaktion für mich zu Ende ist. Aber was offensichtlich AM Ende ist, das ist Ihr mangelndes Sozialverhalten - nehmen Sie also endlich Abstand, meine Güte!", mein Hund guckt mich von unten an, die beiden Angestellten hinter dem Sicherheitsglas staunen Bauklötzer.

"Können Sie mir bitte diese Frau vom Hals halten bis ich hier mit meinem Geldgeschäft fertig bin - vielen Dank!" Und siehe da!Der Schlipsträger der Geldwechselstube reagiert endlich zu dieser Parfüm-Fake-Frechheit: "Warum kommen Sie denn nicht an den anderen Schalter?" Die Gucci-Prada-LV-Fake-Lederauftakelung weicht endlich von meiner Seite und schiebt alten, unansehnlichen Goldschmuck durch die Luke, den sie zu Geld machen will...

"Man, man, man...", sage ich zu meinem Hund, "Du hast wirklich zurecht geschnüffelt! Von Kopf bis Fuß nur nachgemachte Designerklamotten - da kann das Parfüm auch nur schlecht sein - und zwar noch schlechter als das Sozialverhalten! Was für eine peinliche Statur - jeder Penner hat da mehr Charakter!"

Beide Angestellte sind dabei immer noch am Bauklötzer staunen bzw. mit ihrer Schnappatmung beschäftigt... Geht diese Frau wirklich davon aus, dass sie gut aussieht? Denkt sie, dass sie mit ihren modischen Fakes eine Vorzugsbehandlung erfährt? Erwartet sie etwa, dass man die ganze Aufmachung hier auf dem Ku´damm nicht durchschaut? Und erwartet sie etwa auch noch, dass ihr Respekt widerfährt so wie sie sich aufführt?

Mit einem mehrfachen Kopfschütteln verlasse ich die Wechselstube, aber nicht ohne dieses Disziplinmonster nochmals mit einem abwertenden, langsam von oben nach unten und zurück schweifenden Blick zu mustern... Und das ist die Welt, in der ich lebe? Erklär`sie mir bitte, denn ich find`sie nämlich blöd!

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